Von Dispersionskurven und Phasengeschwindigkeiten…
Donnerstag, 21. Mai 2009… handelt der heutige Eintrag. D.h. die weniger physikbegeisterten Leser sollten sich das Bildchen unten anschauen, sich an den geschlungenen Kurven erfreuen und dann zu einem älteren Beitrag wechseln 😉 . Ich werde nun nämlich ein wenig berichten, an was ich bei meiner Thesis denn gerade so arbeite. Ich hoffe mir gelingt eine einigermaßen verständliche Beschreibung, wenn auch stark verkürzt…
Ausgangspunkt ist eine Platte, die theoretisch unendlich gross ist, aber eine bestimmte Dicke hat. Da drin können sich mechanische Lamb Wellen ausbreiten (d.h. Materie stößt andere Materie an, was sich wellenartig fortsetzt), deren Gestalt man mit physikalischen Gesetzen (Newtons Gesetz u.a.) herleiten kann. Die Lamb Wellen sind dispersiv, was bedeutet, dass die Ausbreitungsgeschwindigkeit von der Frequenz der Anregung abhängt. Aus der theoretischen Herleitung bekommt man aber eine Frequenzgleichung, die den Zusammenhang zwischen der Frequenz ω und der Wellenzahl κ (Kehrwert zur Wellenlänge) folgendermaßen herstellt
Dabei ist cL die longitudinale und cT die transversale Wellengeschwindigkeit in einem unendlichen Medium (beide sind Materialeigenschaften und damit konstant), und h die halbe Dicke der Platte . D.h. aus der Gleichung kann man Werte für ω und κ ausrechnen, aus denen man dann die Phasengeschwindigkeit c_ph erhält, wenn man ω durch κ teilt. Theoretisch breitet sich die Welle also mit dieser Geschwindigkeit aus. Wenn man das ganze numerisch ausrechnet und aufmalt, erhält man die Dispersionskurven und das sieht dann so aus.
Die x-Achse ist die Frequenz und die y-Achse die Phasengeschwindigkeit. Jede Linie stellt eine Lamb Mode dar, wobei sich die Moden in ihrer Spannungsverteilung über dem Plattenquerschnitt unterscheiden. Soweit die Grundlagen.
Meine Aufgabe ist es momentan Modenpaare zu finden, so dass die Phasengeschwindigkeit der einen Mode bei Frequenz ω gleich groß ist wie die Phasengeschwindigkeit einer anderen Mode bei Frequenz 2ω, was als ‚phase matching‘ bezeichnet wird. Durch Hinschauen habe ich dann auch die Paare gefunden, die im Bildchen mit schwarzen Strichen markiert sind. Letzte Woche und diese Woche bin ich nun dabei die gefunden Paare analytisch, also mit der Frequenzgleichung oben zu untersuchen, bzgl. Verschiebungen an der Oberfläche der Platte, Gruppengeschwindigkeit, und welche Bedingungen da gelten. Diesen Teil habe ich größtenteils abgeschlossen und bin nun auf der Suche nach einer physikalischen Erklärung für die Ergebnisse.
Warum ich das ganze mache, hab ich ja früher schon mal ein bisschen erklärt, aber trotzdem nochmal kurz, um den Zusammenhang darzustellen: Durch ein paar mathematische Tricks kann man die nichtlineare Wellen-Theorie (das oben war alles lineare Elastizität) in die lineare Theorie überführen. Um den Effekt der Nichtlinearitäten sehen zu können, d.h. dass deren Amplitude stark wächst, wird in der Herleitung phase matching gefordert. Anhand der nichtlinearen Welle will man dann wiederum Aussagen über den Zustand des Materials machen, also wie fit das Material noch ist. Der Gedankengang ist also folgender: Wir suchen nach Anregungsfrequenzen, wo phase matching existiert, damit die durch Nichtlinearitäten im Material erzeugte Welle stark wächst und somit gut messbar ist, um dann aus der Messung Aussagen über das Material machen zu können.
Gut, der nächste Eintrag wird wieder über Freizeit sein, versprochen… 🙂